Holzschnitte Mai 2025
Meister des Holzschnitts
Der Holzschnitt, eine der ältesten und ursprünglichsten Drucktechniken, fasziniert bis heute durch seine Direktheit, Ausdruckskraft und formale Klarheit. Ob zu Beginn des 20. Jahrhunderts oder in der Gegenwart: Künstler und Künstlerinnen wie Erich Heckel, Emil Nolde, Christian Rohlfs und Karl Schmidt-Rottluff bis hin zu Christiane Baumgartner und Matthias Mansen zeigen, wie vielfältig und zeitlos dieses Medium ist.
Was sie verbindet, ist das Gespür für Reduktion und Abstraktion, die Lust am Experimentieren sowie die unmittelbare Auseinandersetzung mit Material und Motiv. Der Holzschnitt verlangt Kraft und Präzision, Intuition und eine klare Bildidee – oft entstehen Werke spontan, ohne Vorzeichnung, im freien Schnitt.
Dabei geht es immer auch um Kontraste: zwischen Hell und Dunkel, Fläche und Linie, Tradition und Erneuerung. Künstlerinnen und Künstler nutzen den Holzschnitt nicht nur als Technik, sondern als Ausdruck eines künstlerischen Selbstverständnisses – geprägt von persönlicher Handschrift, handwerklicher Eigenverantwortung und dem Willen, neue Bildsprachen zu entwickeln.
Matthias Mansen
Badende in Gedanken
Farbholzschnitt und Monotypie. 2021.
660 x 500 mm
€ 2.800.-
Matthias Mansen, 1958 in Ravensburg geboren, gehört zu den prägenden Vertretern des Holzschnitts in der zeitgenössischen Kunst. Nach seinem Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe bei Georg Baselitz und Markus Lüpertz sowie Stationen in London, Paris und New York lebt und arbeitet er seit 1994 in Berlin.
Seine monumentalen Farbholzschnitte befinden sich in bedeutenden nationalen wie internationalen Sammlungen, darunter auch das MoMa, New York und die National Gallery of Art, Washington.
Häufig verwendet Mansen Fundstücke wie alte Türen oder Bretter als Druckstock. Somit gehen nicht nur die Maserung des Holzes, sondern ebenso die Spuren früherer Nutzung in die Abzüge ein. Signifikant zudem ist ihr Unikatcharakter, der entsteht, da Mansen nur selten mit einem Drucker zusammenarbeitet, sondern selbst abzieht:
„Von einer wichtigen Serie mache ich drei Abzüge, die aber durch die Handdruck-Technik immer leicht voneinander abweichen. Das heißt, das Motiv ist zwar identisch – weil die Platten es sind – durch den Handdruck gibt es jedoch unterschiedliche Farbdichten.“
Die Werkserie „Triest oder die Götter“ (2018–2022), die zuletzt in einer großen Retrospektive seiner Arbeiten im Museum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf und im Kunstmuseum Singen präsentiert wurde, ist inspiriert von einer Sommerreise nach Triest und der Beobachtung von Badenden an der Straße zum Schloss Miramare. Von den Körperhaltungen an Antike Skulpturen erinnert, assoziiert Mansen eine Verbindung mit dem Goldene Zeitalter.
Katalog : Matthias Mansen, Triest oder die Götter, Kerber Verlag 2024.
Matthias Mansen
Fragment V
Farbholzschnitt. 2019.
760 x 560 cm
€ 1.800.-
Karl Schmidt-Rottluff
Kopf mit Halskette
Holzschnitt. 1914.
Schapire H 131
363 x 295 mm
€ 18.000.-
In keinem anderen Medium setzt Karl Schmidt-Rottluff seine expressionistischen Ideen so kompromisslos um wie im Holzschnitt. Innerhalb der BRÜCKE-Gruppe gilt er als der ursprünglichste und unmittelbarste Künstler. Für seine Arbeiten bevorzugt er meist das markant gemaserte Fichtenholz, greift aber auch auf die weichere, weniger strukturierte Zitterpappel oder das leicht zu bearbeitende Lindenholz zurück – Materialien, die seiner reduzierten, kraftvollen Formensprache entgegenkommen.
Zum Einfärben verwendet er schwarze Druckfarben in unterschiedlichen Dichten – Aquarell-, Kleister- oder Firnisfarben –, die sich in ihrer Transparenz unterscheiden und so vielfältige, oft überraschende Druckwirkungen ermöglichen.
Bis 1912 zieht Schmidt-Rottluff seine Holzschnitte eigenhändig ab, meist in sehr kleinen Auflagen von selten mehr als zehn Exemplaren. Jeder Druck unterscheidet sich – mal zufällig, mal gezielt – durch den variierenden Einsatz von Handballen oder Falzbein. Erst ab 1913 überlässt er das Drucken gelegentlich Handpressen wie der Pan-Presse, wobei auch dann die Auflagen selten über 30 Stück pro Motiv hinausgehen.
Christian Rohlfs
Susanna im Bade
Holzschnitt. 1916/17.
Utermann 145; Vogt 102
350 x 252 mm
€ 3.800.-
Christian Rohlfs war zeitlebens ein experimentierfreudiger Künstler, stets nach neuen Ausdrucksformen suchend. Seine Holzschnitte tragen fast durchweg einen ausgeprägten Unikatcharakter: Er bemalte die Druckstöcke individuell mit dem Pinsel und druckte sie fast ausnahmslos selbst. Dabei verwendete er unterschiedliche Papiere, wodurch jeder Abzug eine eigene, unverwechselbare Wirkung erhielt.
1904 begegnete Rohlfs in Weimar dem Norweger Edvard Munch, ein Jahr später in Soest Emil Nolde, wie er aus dem hohen Norden Deutschlands stammend. Diese Begegnungen dürften seine erste intensive Hinwendung zur Druckgrafik insbesondere zum Holzschnitt angeregt haben.
Erich Heckel
Kniende am Stein
Holzschnitt. 1913/14.
Ebner/Gabelmann 589 H a A (von B)
500 x 312 mm
€ 12.000.-
Bereits im Jahr 1903, also noch vor der Gründung der Künstlergemeinschaft »Die Brücke«, begann Erich Heckel, sich intensiv mit der Technik des Holzschnitts auseinanderzusetzen.
In seinen frühen Arbeiten zeigt sich deutlich der Einfluss Félix Vallottons, dessen stilistische Merkmale Heckel aufgriff und weiterentwickelte. Eine zentrale Inspiration bezog er zudem von Edvard Munch, insbesondere dessen Technik, den Holzstock zu zersägen, um auf diese Weise mehrfarbige Drucke zu ermöglichen.
Etwa um 1913 erweiterten sich Heckels grafische Ausdrucksmittel: Raumtiefe und perspektivische Gestaltung traten nun deutlich hervor. Gleichzeitig gewann die Darstellung des menschlichen Körpers an Komplexität. Die neu gewonnene Tiefe im Bildraum scheint dabei sinnbildlich für eine Erweiterung der inneren Ausdrucksmöglichkeiten des Künstlers zu stehen.
Christiane Baumgartner
Holzschnitt. 2003.
Pfad
320 x 520 mm
€ 2.500.-
Die Arbeit Pfad zeigt einen verschwommenen, fast filmisch wirkenden Blick auf eine Straße oder einen Weg – ein Motiv, das Bewegung und Zeit suggeriert. Baumgartner überträgt digital bearbeitete Videostills in das tradierte Medium des Holzschnitts und schafft dadurch eine spannungsreiche Verbindung von Alt und Neu. Der grobe Raster des Drucks steht im Kontrast zur flüchtigen Anmutung des Bildes. Dieses Spannungsverhältnis ist typisch für ihr Werk.
Baumgartner zählt zu den bedeutendsten Vertreterinnen der Neuen Leipziger Schule, einer Strömung, die für die Verbindung klassischer Techniken mit zeitgenössischen Inhalten bekannt ist. Pfad ist exemplarisch für ihren künstlerischen Ansatz: medienreflektierend, reduziert und zugleich tief poetisch.
Emil Nolde
Tändelei
Holzschnitt. 1917.
Schiefler/Mosel H 134 II (von III)
310 x 230 mm
€ 30.000.-
Den Anstoß zur Beschäftigung mit dem Holzschnitt erhielt Emil Nolde im Jahr 1906 durch die Künstler der „Brücke“. Nach einer mehrjährigen Unterbrechung kehrte er 1910 in Hamburg erneut zu dieser Technik zurück. Einen entscheidenden Impuls erfuhr Noldes künstlerisches Schaffen durch seine Reise in die Südsee 1913/14, die ihm eine unmittelbare Auseinandersetzung mit der Kunst und Kultur indigener Völker ermöglichte.
Das Werk Tändelei von 1917 verdeutlicht Noldes Streben nach Reduktion und Konzentration auf das Wesentliche – charakteristisch für seinen Holzschnittstil. In ihm spiegelt sich sowohl seine Faszination für die Ausdruckskraft außereuropäischer Kunst als auch sein tiefes Interesse am Menschen wieder – eine Haltung, die er mit den Künstlern der „Brücke“ teilte.
Neu an Noldes Herangehensweise war der bewusste Einbezug der Materialeigenschaften des Holzstocks: Er machte sich dessen natürliche Maserung, Risse, Sprünge, Unregelmäßigkeiten und Begrenzungen zunutze und integrierte sie aktiv in den künstlerischen Ausdruck.